NVZ-Aktivitäten 2024
Download: NVZ-Jahresbericht 2024
9. März 2024: 1. Arbeitstag am Bergli mit Wieselburgenbau
Landwirtschaft und Naturschutz? Doch: das kann sehr gut gehen, wenn beide Partner die gleiche Sprache sprechen und das gleiche Ziel anvisieren. Das ist dem neuen Pächterpaardes Weidelandes südlich des Alpenzeigers und einer Projektgruppe des Naturschutzvereins gelungen. Gemeinsam wurde eine Aufwertung dieser Parzelle beschlossen und im Detail geplant. Nach Vorbereitungsarbeiten durch unsere legendäre Rentnerbrigade geht es heute los: 33 adulte und 4 juvenile Menschen schlagen Pfähle ein, schleppen Äste und karren 10 Tonnen Sand [kein Tippfehler!] in die Weidelandschaft. Bereits um 12 Uhr sind zwei mit Baumstrünken strukturierte Sandhaufen aufgeschichtet und fünf Wieselburgen mit Brutkammern für das Hermelin gebaut. Die rechtzeitig zum Znüni gelieferten Eingeklemmten werden vom Schreibenden klammheimlich halbiert, sonst hätte es nicht für alle gereicht …
23. März 2023: 2. Arbeitstag am Bergli mit Heckenpflanzung
Nur zwei Wochen später geht es weiter mit der Pflanzung von sechs Heckenelementen mit einem grossen Anteil an Dornensträuchern. Wiederum stehen rund dreissig Adulte und acht Juvenile auf dem Bergli, jetzt aber im Wind und anfänglichen Graupelschauern, und wiederum sind rund die Hälfte davon Verwandte und Bekannte des Pächterpaars Daniela und Lars. Schon um 11 Uhr sind 210 Sträucher und 10 Bäume gepflanzt und angegossen. Ein Weidezaun schliesslich soll die junge Pflanzung vor dem Tritt durch die bald hier weidenden Rinder schützen. Diesmal hat Kathrin, die Mutter von Daniela, die Sandwiches geschmiert und zwar in einer Länge von drei Laufmetern.
Angelina Arquint von Agrofutura macht einen «Baustellenbesuch» und qualifiziert diese Massnahme begeistert «als grosses Projekt». Jetzt ist die Landschaft vorbereitet für die Rückkehr des Neuntöters, Vogel des Jahres 2020. In der zweiten von insgesamt 13 Massnahmen zur Aufwertung der Kulturlandschaft östlich der Altstadt wurde genau dieses Ziel formuliert, und genau hier wurde 1985 die letzte Brut des Neuntöters registriert. Wagt jemand eine Prognose, wann diese spannende Vogelart erstmals wieder hier brütet?
5. Mai 2024: Frühlingsexkursion in die Petite Camargue Alsacienne
Nach den schweisstreibenden Arbeiten zugunsten des Neutöters im Weideland südlich des Alpenzeigers gönnen wir uns einen Ausflug in die Camargue, in die Petite Camargue Alsacienne, nota bene! Rund 30 Interessierte treffen sich am Wehr Märkt/D und erreichen über die Barrage de Kembs die Île du Rhin. Dort übernimmt Valentin Amrhein, Dozent an der Uni Basel und ausgewiesener Nachtigallen-Kenner. Er schildert, wie aus den riesigen Maisanbauflächen auf der Insel mit bestürzender Artenarmut – Zitat Amrhein: Mais, Maiszünsler und Wildschwein – ein ebenso riesiges Mosaik aus Ruderalflächen, Magerwiesen, Hecken, Weiden und Wasserläufen wurde. Das war nur mit einem enormen maschinellen Einsatz möglich, die Feinarbeiten übernehmen nun die urtümlichen Konikpferde sowie Schottische Hochlandrinder. Hier begegnen wir so attraktiven Vogelarten wie Kuckuck, Wendehals, Nachtigall, Pirol – und ja: auch dem Neuntöter!
Nach dem Mittagslunch tummeln wir uns auf der französischen Seite und durchwandern die Auenwälder rund um die PCA. Hier entdecken wir die europäische Sumpfschildkröte und das Neozoon Sumpfbiber. Die Artenliste erweitern wir mit entre autres Ouette d’Égypte, Nette
rousse, Grèbe huppé, Pic mar et Mésange à longue queue finalement. Einen Platzregen während der Heimfahrt geniessen wir besonders deshalb, weil wir im Elsass grosses Wetterglück hatten.
Artenliste: Höckerschwan, Graugans, Gänsesäger, Nilgans, Kolbenente, Reiherente, Schnatterente, Stockente, Haubentaucher, Strassentaube, Ringeltaube, Alpensegler, Mauersegler, Kuckuck, Blässhuhn, Weissstorch, Graureiher, Silberreiher, Seidenreiher, Kormoran, Mittelmeermöwe, Wespenbussard, Wendehals, Grünspecht, Mittelspecht, Buntspecht, Turmfalke, Pirol, Neuntöter, Elster, Rabenkrähe, Blaumeise, Kohlmeise, Teichrohrsänger, Rauchschwalbe, Zilpzalp, Schwanzmeise, Gartengrasmücke, Gartenbaumläufer, Zaunkönig, Star, Singdrossel, Amsel, Rotkehlchen, Nachtigall, Trauerschnäpper, Hausrotschwanz, Haussperling, Bachstelze, Buchfink, Grün-fink, Stieglitz/Distelfink
11. Mai 2024: der Markt der Biodiversität …
… zum Thema «Ökologische Infrastruktur» wird von der vorbereitenden Arbeitsgruppe der Kommission Natur und Landschaft vergleichsweise kurzfristig abgesagt. Das OK konnte nicht genügend Partner für einen attraktiven Markt verpflichten, insbesondere fehlt nach wie vor eine Staudengärtnerei mit einem Angebot in Bio-Qualität sowie professioneller Beratung.
Nachtrag: Die geplanten Anlässe, Führungen und Ausflüge wurden jedoch durchgeführt – mit z. T. sehr magerem Publikumsaufmarsch.
8. Juni: Arbeitseinsatz: Weniger Neophyten – mehr Biodiversität
Dieser bald traditionelle Anlass wurde mit Anregungen aus dem Vorstand optimiert: Verschiebung des Einsatzes in den Vormittag, Beginn erst um 08:30 Uhr in Stadtnähe und mit zusätzlicher Einführung über das Wesen invasiver Pflanzen und Tipps zur Bekämpfung. Unter diesen Bedingungen treffen sich 10 Personen beim Forstwerkhof an der Bottenwilerstrasse und sehen sich zunächst mit einem Luxusproblem konfrontiert: Neophyten sind in Waldrandnähe selten geworden, was wir aber als gutes Zeichen deuten. In drei Gruppen schwärmen wir zu noch nicht «gepflegten» Wegstrecken im Staatswald aus und widmen uns gute drei Stunden lang dem neuen Hobby – oder muss bereits von einer Manie gesprochen werden? Wie auch immer: letztendlich sind 8 Neo-Säcke prall gefüllt mit Einjährigem Berufkraut, Drüsigem Springkraut und Kanadischer Goldrute.
14. September 2024: Nistkastenreinigung
Die Ansprache zum ersten Auftritt der neu gewählten Koordinatorin des Nistkastenwesens kann sich der Schreibende sparen. Beim Forstwerkhof erscheinen gerade 4 [ in Worten: vier ] Personen: neben Petra Gubler weitere drei Vorstandsmitglieder. Sie nehmen je zu zweit die Arbeit auf und treffen sich gut zwei Stunden später wieder zum Zvieri, das sich dann – rein rechnerisch – sehr üppig ausnimmt und von den Anwesenden kaum zu bewältigen ist.
Nachtrag 1: ein späterer Blick auf die Seite «Das Wochenende im Bild» in unserem Leibblatt zeigt, dass die traditionelle Nistkastenputzete durch zahlreiche andere, auch spannende Ereignisse konkurrenziert wurde.
Nachtrag 2: wenig später sind dann alle Nistkästen in allen Revieren kontrolliert und geputzt.
19. Oktober 2024: Arbeitstag
Im herbstlichen Nebel von Zofingen trafen sich am letzten Samstag erneut etwa 25 arbeitswillige Mitglieder des Naturschutzvereins beim Friedhof Bergli, um die ökologische Aufwertung im Weideland südlich des Alpenzeigers weiterzuführen. In Zusammenarbeit mit dem Pächterpaar Lars und Daniela wurden diesmal Zäune vorbereitet, um darin später weitere Dornensträucher zu pflanzen.
In drei Gruppen wurden Pfähle geschleppt, Latten herangetragen, ausgemessen und die Pfähle mit viel Getöse in den feuchten Boden gerammt. In der Nähe äsende Rehe liessen sich davon nur kurz aus der Ruhe bringen und verschwanden rasch wieder im angrenzenden Stiftswald. Nach einem stärkenden Sandwich und einem wärmenden Kaffee oder erfrischendem Kaltgetränk ging es weiter im Takt – erste Gruppen begannen mit dem Beplanken der Pfähle. Eine vierte Gruppe war mit der Pflanzung eines Bergahorns – ein Geschenk des Naturschutzvereins – beschäftigt.
Im zum Teil steilen Gelände entstanden so an diesem Tag fünf stabile Zäune, die in Zukunft die Sträucher vor den weidenden Kühen schützen sollen. Nun bleibt zu hoffen, dass die Massnahmen neben der ökologischen Aufwertung der Weide tatsächlich zur Wiederansiedlung des Neuntöters führen wird. Regelmässige Spaziergänge mit einem guten Fernglas in das Gebiet Bergli werden in den nächsten Jahren zeigen, ob das gelingt.
(Tobias Stöckli, im Zofinger Tagblatt und in zwei Gratisanzeigern)
14. November 2024: Filmabend im Palass
Der preisgekrönte Dokumentarfilm «Krähen – Nature ist watching us» kam bereits im Frühjahr 2023 in die Kinos, tourte durch Openairs und kleinere Vereinsanlässe und war auch schon im Fernsehen zu sehen. Dennoch finden fast 80 Personen im Kulturlokal Palass zusammen; die Aussicht auf ein cineastisches Erlebnis in einem altehrwürdigen Lichtspieltheater sowie die Anwesenheit des Regisseurs waren zu verlockend. Martin Schilt zeigt dann keinen herkömmlichen Tierfilm, sondern beleuchtet das Jahrtausende alte Verhältnis zwischen Menschen und Rabenvögeln. Während der rund 12 Jahre dauernden Arbeit wuchs die Erkenntnis, dass das Filmteam Raben und Krähen filmt, welche ein Rabenvögel filmendes Filmteam beobachten! Das Resultat ist eine packende Dokumentation mit erstaunlichen Einblicken in den Alltag von Krähen und Raben, mit zärtlichen Familienszenen, aber auch eher
unangenehmen und wenig appetitlichen Bildern.
Ornithologisches
Wie schon in den Vorjahren erfassen wir auch 2024 die Koloniegrösse bei Alpen- und Mauersegler, Mehlschwalbe, Dohle und Saatkrähe. Die Zahlen gehen jeweils an die Fachstelle Natur & Landschaft und werden dann an involvierte Fachstellen weiter gereicht. Ein eingespieltes Team erfasst die Alpensegler, um die anderen vier Arten kümmert sich der Schreibende und kann sich dabei als rastloser Rentner so richtig austoben.
Dank
Im Vereinsjahr 2024 können wir nach langer Planungszeit das «Filetstück» unseres Langzeit-Projekts zur Förderung der Ökologischen Infrastruktur realisieren: die Aufwertung des Weidelandes südlich des Alpenzeigers. Das war nur möglich in Zusammenarbeit mit zahlreichen Akteuren, die ganz unterschiedliche Rollen spielten und spielen. Das sind, in der Reihenfolge ihres Einsatzes in einem Spiel, das bereits 2021 angepfiffen wurde:
Christiane Guyer, Stadtpräsidentin, Priska Limacher, Fachstelle Natur & Landschaft, das Pächterpaar Daniela Strunk und Lars Dalhäuser, Manfred Steffen, Angelina Arquint von Agrofutura, Christoph Wälti mit seinem Werkhof sowie schliesslich die vielen chrampfenden Verwandten und Bekannten des Pächterpaars sowie Mitglieder des Naturschutzvereins!
Zofingen, 22. Januar 2025 – Christoph Vogel-Baumann